Lichtgesteuertes Ein- und Ausschalten von Molekülen zur Kontrolle der Zelldynamik
Krankheiten sind in der Regel auf ein bestimmtes Organ oder Gewebe im menschlichen Körper beschränkt. Medikamente werden meist jedoch ganzheitlich verabreicht und nicht nur am Ort der Erkrankung. Dies kann zur Schädigung des gesunden Gewebes und unerwünschten Nebenwirkungen führen. Um diese Nebenwirkungen zu eliminieren, zielt die Photopharmakologie darauf ab, Moleküle zu entwickeln, deren Aktivität durch fokussierte Belichtung angeschaltet wird und somit auf einen kleinen Bereich beschränkt werden kann.
In einem gemeinsamen Projekt haben die Forschungsgruppen von Prof. Henry Dube (Department Chemie und Pharmazie) und Prof. Esther Zanin (Department Biologie) eine neue Klasse von lichtempfindlichen Molekülen, die so genannten (oxo)-Rhodanine, entwickelt und gezeigt, dass ihre Aktivität in Krebszellen mit Licht kontrolliert werden kann. Laura Köttner, Doktorandin in der Dube-Gruppe, hat eine Reihe bekannter und neuer auf Rhodaninbasierter Moleküle hergestellt und charakterisiert. Sie zeigte, dass diese Farbstoffe reversible Veränderungen in ihrer Struktur und ihren Eigenschaften als Reaktion auf Belichtung durchlaufen und daher als molekulare Photoschalter dienen können. Das Schalten zwischen den beiden Zuständen (genannt Z und E-Isomere) kann durch UV- und Blaulichtbestrahlung induziert werden und bewirkt unter anderem die Änderung der Farbe der Moleküle. Durch den Austausch eines einzigen Schwefelatoms gegen ein Sauerstoffatom oder ganze Substituentengruppen können die photophysikalischen und photochemischen Eigenschaften dieser Photoschalter leicht für verschiedene Anwendungen angepasst werden. Die Funktion und Effizienz der entwickelten Moleküle wurden dann von Friederike Wolff, einer Doktorandin in der Zanin-Gruppe, in menschlichen Krebszellen getestet. Die Inkubation von Krebszellen mit dem aktiven Z-Isomer hemmt ein wichtiges Signalprotein namens PIM-1 und löst dadurch den Zelltod aus. Friederike Wolff inkubierte Krebszellen auch mit dem E-Isomer, und interessanterweise überlebten alle Zellen. Dies zeigte, dass das E-Isomer nicht biologisch aktiv ist. Die Inkubation von Zellen mit dem E-Isomer und die gleichzeitige, 10 Sekunden lange Bestrahlung mit blauem Licht (415 nm) löste jedoch ein Umschalten vom E zum Z-Isomer aus, hemmte das PIM-1-Protein und führte zum Tod der Krebszellen. Umgekehrt bewirkte die Inkubation von Zellen mit dem aktiven Z-Isomer und die 10-sekündige Bestrahlung mit UV-Licht ein Umschalten vom Z (aktiv) zum E-Isomer (inaktiv), und viele Zellen überlebten. Zusammengenommen bedeutet dies, dass die Rhodanin-basierten Farbstoffe tatsächlich molekulare Photoschalter sind und sogar in lebenden Zellen mittels Licht aus- und angeschaltet werden können. Mit diesen neuen Präzisionswerkzeugen lassen sich Zellsignale und der programmierten Zelltod gezielt durch Licht von außen steuern.
Generell bilden Rhodanin-basierten Farbstoffe die Grundlage für eine Vielzahl von funktionellen Molekülen, die in verschiedenen Bereichen Anwendung finden, zum Beispiel für entzündungshemmenden Wirkstoffe, für die Sensorik von Ionen oder für Solarzellen. Diese neue Arbeit eröffnet somit ein enormes neues Potenzial für Rhodanine als molekulare Photoschalter mit einem ebenso breiten Spektrum unterschiedlicher Anwendungsmöglichkeiten.
Die Studie wurde veröffentlicht:
Laura Köttner, Friederike Wolff, Peter Mayer, Esther Zanin*, and Henry Dube*
- Am. Chem. Soc.2024, https://doi.org/10.1021/jacs.3c07710
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Henry Dube
Department of Chemistry and Pharmacy
Chair of Organic Chemistry I
- E-Mail: henry.dube@fau.de
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Prof. Dr. Esther Zanin
Department Biologie
Professur für Experimentelle Molekulare Zelldynamik
- E-Mail: esther.zanin@fau.de
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