Wie ein neuartiger kontraktiler Ring die Zellteilung ermöglicht
Bei der Zellteilung muss der Inhalt der Mutterzelle gleichmäßig auf die beiden Tochterzellen verteilt werden. In tierischen Zellen wird bei der Zellteilung ein ringförmiger Apparat aus langen Aktinfasern am Zelläquator gebildet. Der Aktinring schnürt sich mit Hilfe des Motorproteins Myosin II zusammen. Durch das Zusammenschnüren des Aktinrings entsteht die Teilungsfurche und am Ende die beiden Tochterzellen. Ist die Bildung der Aktinfasern gestört, bildet sich kein kontrahierender Ring und die Teilung der Mutterzelle findet nicht statt. Ein Ausbleiben der Zellteilung kann schwerwiegende Folgen haben und zur Entstehung von zahlreichen Erkrankungen, wie Unfruchtbarkeit und Krebs, beitragen. Überraschenderweise hatte eine frühere Studie gezeigt, dass die Zellteilung auch dann gelingen kann, wenn der Aufbau der Aktinfasern defekt ist, sofern eine weitere Komponente des ringförmigen Apparats entfernt wird. Wie die Zellteilung und die Bildung der Teilungsfurche in diesem Fall abläuft, war ein Rätsel.
Die Forschungsgruppe von Prof. Dr. Esther Zanin hat nun diese Frage mit Hilfe moderner Lebend-Zell-Mikroskopie im kleinen Fadenwurm C. elegans beantwortet. Sie konnte zeigen, dass in der Abwesenheit der Aktinfasern ein anderes Protein, namens Anillin, einen Ring aus fadenförmigen Strukturen am Zelläquator bildet. Die fadenförmigen Anillin-Strukturen vermitteln, zusammen mit dem Motorprotein Myosin II, die Bildung der Teilungsfurche und die Zellteilung. Um zu verstehen, wie Anillin fadenförmige Strukturen bildet und die Ausbildung der Teilungsfurche ermöglicht, entfernte die Forschungsgruppe verschiedene Regionen des Anillin-Proteins und analysierten die phänotypischen Folgen. Die Mutationsanalyse von Anillin ergab, dass eine noch nicht charakterisierte und unstrukturierte Region für die Ausbildung der linearen Fasern und die Entstehung der Teilungsfurche wesentlich war. Solche unstrukturierten Bereiche eines Proteins nehmen keine definierte dreidimensionale Struktur an, sondern sind vielmehr hoch dynamisch. „Wie die dynamische unstrukturierte Region von Anillin fadenförmige Fasern bildet, wie diese sich verkürzen und schließlich zur Einstülpung der Zelle führen, sind spannende Fragen, denen wir in zukünftigen Studien nachgehen werden“, erklärt Esther Zanin.
Anillin kommt nicht nur in C. elegans, sondern auch im Menschen vor und die nicht-strukturierte Anillin-Region ist auch im menschlichen Protein vorhanden. Es ist bekannt, dass Punktmutationen in der nicht-strukturierten Anillin-Region zu Nierenversagen führen können und daher könnten die im Fadenwurm entdeckten Prinzipien auch wichtig für das Verständnis von Krankheiten im Menschen werden.
Originalpublikation:
Anillin forms linear structures and facilitates furrow ingression after septin and formin
CellReports, 42 (2023) 113076. doi:10.1016/j.celrep.2023.113076
Prof. Dr. Esther Zanin
Department Biologie
Professur für Experimentelle Molekulare Zelldynamik (Prof. Dr. Zanin)
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