Wie Zellen ihre Form kontrollieren

Mikroskopische Aufnahme der Pflasterzellen und Spaltöffnungen in der Blattepidermis
Epidermis der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana)

Die lokale Deaktivierung von Zellpolaritätssignalen ist für die Entstehung multipolarer Zellformen notwendig

Die pflanzliche Epidermis ist das primäre Abschlussgewebe von Spross und Blättern der Pflanzen. Die sogenannten Pflasterzellen der Epidermis sind komplex und multipolar geformt und greifen wie Puzzleteile ineinander. Diese Form scheint mit den spezifischen Funktionen der Epidermis zusammenzuhängen wie z.B. Abwehr von Krankheitserregern, Reaktionen auf Umweltbelastungen, mechanische Festigkeit, Gasaustausch, kontrollierte Aufnahme von Wasser und Nährstoffen, aber auch Aufgaben während der Organentwicklung.

Das Team von Prof. Dr. Sabine Müller (Heisenberg-Professorin für Zelluläre Morphogenese am Department Biologie) berichtet nun in zwei Veröffentlichungen, wie Pflanzenzellen der Blattepidermis ihre ineinandergreifende „Puzzle“-Form entwickeln.

Die Forschenden identifizierten zwei verwandte Proteine, die als Schlüsselakteure bei der Etablierung von Zellpolaritätsgradienten in epidermalen Pflasterzellen die Zellpolaritätssignalgebung (ROP2-Signale) regulieren. Diese als PHGAP/RENs (PLECKSTRIN HOMOLOGY GTPase ACTIVATING PROTEINS) bezeichneten Proteine ​​deaktivieren Zellpolaritätssignale (ROP2-Signalgebung) an bestimmten Stellen der Zellmembran, was zu einer lokalen Hemmung der Zellstreckung führt. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen die Bedeutung der räumlichen und zeitlichen Kontrolle über die Polaritätssignalisierung für den orchestrierten Aufbau der Multipolarität in den Pflasterzellen.

Darüber hinaus beeinflussen Brassinosteroid (BR)-Hormone die Verzahnung der epidermalen Pflasterzellen, aber der genaue Mechanismus war bisher unklar. In Zusammenarbeit mit Forschern des VIB-UGENT Centre for Plant Systems Biology in Ghent, Belgien wurden die PHGAP-Proteine ​​als Zielproteine der Brassinosteroid Signalgebung identifiziert, die PHGAP an der Zellmembran der entstehenden Zelllappen von Pflasterzellen destabilisieren und folglich eine polarisierte Zellstreckung an diesen Stellen ermöglichen. Diese Erkenntnisse verbinden die Signalübertragung der Brassinosteroid-Hormone mit der der Zellpolarität über die Regulation von PHGAPs und erklären somit, wie diese Hormone zur Kontrolle der Verzahnung von Pflasterzellen beitragen.

 

Abbildung: Konfokal-mikroskopische Aufnahme der Blattepidermis von Arabidopsis thaliana (links) und schematische Darstellung des Zellpolaritäts-Signalweges (rechts).

 

Originalpublikationen

https://www.cell.com/current-biology/fulltext/S0960-9822(21)01729-2

https://www.cell.com/current-biology/fulltext/S0960-9822(21)01730-9

 

Weitere Information

Prof. Dr. Sabine Müller
+ 49 9131/85-28522
sabine.sm.mueller@fau.de